Montag, 19. Mai 2014

Der Schrei der Tomate



Clemens G. Arvay: Hilfe, unser Essen wird normiert. Wie uns EU-Bürokraten und Industrie vorschreiben, was wir anbauen und essen sollen. Redline Verlag, 240 Seiten, 19,99 €
Tierquälerei wird bestraft. Und was ist mit den Pflanzen? Der Agrarbiologe Clemens G. Arvay lässt uns in seinem Buch hinter die Kulissen der Saatgut-Industrie schauen. Das Ergebnis ist erschreckend: 
Moderne Pflanzenzucht ist reine Biotechnologie und findet unter Laborbedingungen statt. Nicht selten werden Gifte und radioaktive Strahlen eingesetzt, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Durch Kreuzung entstehen Hybridpflanzen, die zwar eine Saison lang übermäßig Früchte tragen, danach aber unfruchtbar sind. Gemüse wird in praktischer Form gezüchtet, damit es sich platzsparend  stapeln lässt.
Wie sich solches Pflanzendesign auswirkt, lässt sich etwa am Beispiel der Tomate feststellen: Optimale Wassereinlage, damit sich das Gewicht erhöht. Besonders langlebig im Regal. Haut und Fruchtfleisch so dick und widerstandsfähig, dass das Gemüse auch lange Transportwege überlebt.
Arways Buch ist gründlich, informativ und für Laien gut verständlich. Allerdings setzt es ein echtes Interesse am Thema voraus, weil der Autor auf Stories á la „Bauer Piepenbrink gegen die Saatgut-Mafia“ verzichtet und stattdessen Fakten aufführt und Zusammenhänge erklärt. Doch gerade diese Sachlichkeit überzeugt und ist spannend genug. 
P.S.
Nach der Lektüre habe ich das Experiment gemacht: Ich habe eine Tomate aus dem Supermarkt mit Schwung auf einen Steinboden fallen lassen. Tatsächlich, sie sprang wie ein Gummiball und hatte nur einen kleinen kaum sichtbaren Riss in der Haut. Was für ein schönes Design!

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